Zum Tag des Artenschutzes

Gerettet – geschützt – gefunden: eine Bilanz aus dem Stiftungsland. Wir blicken auf das zurück, was die über 100 Vielfaltschützer*innen im vergangenen Jahr gerettet, geschützt und (wieder-)gefunden haben!


Er wirkt von Washington bis ins Weideland – der „Internationale Tag des Artenschutzes“ – vor 50 Jahren im Rahmen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens als Aktions- und Gedenktag eingeführt, ist er heute wichtiger denn je. Blicken wir also auf das zurück, was die über 100 Vielfaltschützer*innen im vergangenen Jahr gerettet, geschützt und (wieder-)gefunden haben!

GERETTET: Die Moorvernässer*innen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein haben die Moore von einst wiederbelebt. In den Jahren 2021 und 2022 haben sie im Königsmoor, im Offenbütteler Moor, im Dellstedter Moor, im Hartshoper Moor – alle zwischen Rendsburg, Friedrichstadt, Heide und Schleswig, im Dosenmoor bei Neumünster, im Priestermoor westlich von Ratzeburg sowie im Herren- und Vaalermoor – beide nordwestlich von Itzehoe gelegen – mehr als 257 Hektar Moorboden wiedervernässt. Durch diese Vernässungsmaßnahmen gelangen nun jedes Jahr gut 2.200 Tonnen weniger CO2 in die Atmosphäre. Das spart jährlich so viele Treibhausgase, wie 510 komplette Umrundungen Schleswig-Holsteins mit dem Auto verursachen!

Auch wenn wir in Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich zu den waldärmsten Bundesländern gehören, kann sich unsere Baum-Bilanz sehen lassen: allein 13.000 Bäume haben wir dank unterschiedlicher Spender*innen von Neversdorf im Süden über Alt-Harmhorst im Westen des Landes bis hoch nach Langballig im Norden quer durch Schlewig-Holsteins Stiftungsland in die Erde gebracht.

Die Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterling und Hummeln hier bei uns im Norden gehen auf ihren Such-Flügen nach den blütenbunten Blühwiesen, Gärten oder Balkonkästen immer häufiger leer aus. Heimische Wildpflanzen fehlen überall: in der Stadt und auf dem Land. Deshalb stemmen sich die Insektenretter*innen mit dem Verbundprojekt „Blütenbunt-Insektenreich“ der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, dem Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) schon seit gut zwei Jahren dagegen. Sie haben stolze 68.000 Quadratmeter Wiesen, Säume, kommunale Grünflächen, Friedhöfe, Freiflächen auf Firmengeländen in den Städten und auf dem Land in insektenfreundliche Wiesen verwandelt. Mit dem Projektpartner DVL, der rund 660.000 Quadratmeter Flächen geschafft hat, haben sie zusammen etwas mehr als die Größe, der Hallig Südfall (500.000 Quadratmeter) im Nationalpark schleswig-holsteinisches Wattenmeer aufgewertet.

GESCHÜTZT: Nach wie vor gelten Amphibien wie Rotbauchunke, Knoblauchkröte, Wechselkröte, und Moorfrosch als stark gefährdet, sind teilweise vom Aussterben bedroht und die meisten von ihnen haben sogar den höchsten Schutzstatus, den man deutschland- und europaweit bekommen kann. Ein trauriger Rekord! Deshalb kümmern sich die Vielfaltschützer*innen, allen voran die beiden Amphibien-Experten Hauke Drews und Micheal Ott seit über zwanzig Jahren um die stark bedrohten Froschlurche und deren Lebensräume.

In den Jahren 2021 und 2022 haben die Froschretter Drews und Ott gemeinsam mit ihrem Team der „Amphibien-Initiative Nordfriesland“, die sich aus den Ersatzgeldern des Kreises Nordfriesland finanziert, in insgesamt 13 Projektgebieten die Ärmel für Laubfrosch, Kreuzkröte, Kammmolch und Knoblauch-Kröte hoch gekrempelt. Insgesamt haben sie rund 50 Teiche saniert, wiederhergestellt, neu gebuddelt oder durch flache Laichzonen und besonnte Ufer zum Kinderzimmer „aufgehübscht“.

Die Zauneidechse steht in Deutschland auf der Vorwarnliste der Roten Liste. Deutlich ernster steht es um den Mini-Drachen hierzulande. In Schleswig-Holstein gilt die Art als stark gefährdet. Sie lebt in Schleswig-Holstein häufig schon total isoliert oder ihre letzten Lieblingsplätze mussten dem unaufhörlichen Straßen-, Wohnungs-und Häuserbau weichen, sowie der verstärkten Landnutzung, die keine oder kaum Säume, Streifen, Hecken und Lücken zulassen. Hinzu kommt die immer intensiver werdende Landwirtschaft, so wie der andauernde Stickstoffeintrag aus der Luft. Deshalb nimmt sich seit 2015 das Team von Projektleiter Janis Ahrens der Rettung der Zauneidechsen an und stemmt sich mit aller Kraft gegen das Aussterben der flinken Sonnenliebhaber. Mit Erfolg: Zum allerersten Mal erzielten die Echsen-Retter*innen einen Rekord: sie knackten die 1.000er Marke an ausgesetzten Zauneidechsen. Konkret bedeutet das, dass insgesamt 1.031 Zauneidechsen in sieben Gebieten ein neues Zuhause bekommen haben.

GEFUNDEN: 34 Jahre lang wurde es nicht mehr hier bei uns in Schleswig-Holstein gesichtet, bis Dr. Christian Dolnik den kleinen Klimaretter, das Fuchsbraune Torfmoos im Fachjargon Sphagnum fuscum, bei einer Exkursion durch das Stiftungsland Hartshoper Moor westlich der Gemeinde Hohn bei Rendsburg wiederentdeckt. Klein und unscheinbar im Aussehen, groß und bedeutend in seiner Wirkung! Denn: Zusammen mit dem rostbraunen Kamm-Torfmoos (Sphagnum austinii) war das fuchsbraune Torfmoos über 5000 Jahre lang in unseren Mooren zuhause. Ein unerlässlicher Torf-Bildner im Kampf gegen das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid ist zurück und filtert jetzt wieder aktiv große Mengen CO2 aus der Luft.

Eine neue Schlupfwespen-Art in Schleswig-Holstein: Insektenkundler Lennart Bendixen war schon im Mai 2020 in seinem Garten in Mohrkirch im Herzen Angelns auf diese neue Art aufmerksam geworden. Das Exemplar saß auf einem Blatt des Feldahorns. Nach dem kleinen Sensationsfund im Frühjahr 2020 stand schnell fest, dass es sich um eine absolut unbekannte, noch nicht beschriebene Art handelt. Gute zweieinhalb Jahre hat der umfangreiche Prüfprozess gedauert, bis nun die Beschreibung der neuen Art veröffentlicht wurde: Campodorus paradiesensis, benannt nach der Straße, Paradies, in der Bendixen die Wespe entdeckt hat.

Auch zwei weitere Einwohner Schleswig-Holsteins sind wieder da! 14 Jahren nach dem letzten Fund einer Kreuzotter im Hasenmoor im Kreis Rendsburg-Eckernförde entdeckte Reptilien-Experte Janis Ahrens von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein sie jetzt wieder. Und auch die Haselmaus feiert ein Comeback. Dieses knuffige, kleine Kerlchen galt auf der deutsch-dänischen Halbinsel nördlich des Nord-Ostsee-Kanals seit 2013 als verschollen. Jetzt – gut acht Jahre später – ist sie nahe Flensburg wieder aufgetaucht.