Vor gut einem Jahr sind im Stiftungsland Hasenkrug zwischen Neumünster und Bad Bramstedt die ersten 63 jungen Zauneidechsen eingezogen, jetzt bekommen sie weitere kleine Mitbewohner. Maßnahmen-Manager Janis Ahrens setzte vergangenen Freitag gemeinsam mit Umwelt-Staatssekretärin Katja Günther und dem neuen Vorstands-Duo der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein Ute Ojowski, geschäftsführender Vorstand und Dr. Juliane Rumpf, ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende rund 10 Mini-Echsen aus.
Bereits vor sechs Jahren hat Maßnahmen-Manager Janis Ahrens von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein das perfekte Zauneidechsen-Zuhause geschaffen. Die Natur hat dann ihr Übriges getan: es sind Zwergsträucher und Stauden gewachsen, die den Zauneidechsen Deckung und Nahrung in Form von Insekten bieten. Auf insgesamt 60 Hektar (das Gesamtgebiet zählt mit knapp 117 Hektar fast das Doppelte) warten warme Sonnenliegeplätze, urige Versteckmöglichkeiten zwischen Wurzel- und Steinhaufen, in Kleinsträucher, Büschen und Hecken und noch dazu einladende Winterquartiere auf die stark bedrohten Reptilien.
In diesem Jahr werden im Hasenkrug insgesamt ca. 150 kleine Jungtiere im Alter zwischen zwei und vier Wochen gut vorbereitet und stark genug für das Überleben in freier Wildbahn ausgesetzt. Sie sind zum Zeitpunkt des Aussetzens etwa halb so groß wie ausgewachsene Zauneidechsen und erobern meist schon nach einer kurzen Aufwärmphase in der Sonne ihr neues Zuhause.
Ein Maßnahmen-Mix für den perfekten Zauneidechsen-Lebensraum
Im Jahr 2018 begannen die Vielfaltschützer*innen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein damit, auf drei Weideflächen in dem Gebiet Teiche und Tümpel für die europaweit streng geschützte und bedrohte Knoblauchkröte zu buddeln und ihr geeignete Landlebensräume einzurichten. Davon profitieren auch zeitgleich die Zauneidechsen.
Doch für den richtigen Wohlfühlfaktor der Mini-Drachen brauchte es noch einige ausgewählte Maßnahmen mehr. So kamen nach und nach noch 20 sandige Rohbodenstellen hinzu. Die Zauneidechse benötigt sonnenbeschienene Sandstellen, da die Weibchen ihre Eier in den Sand ablegen und das Brüten der Wärme der Sonnenstrahlen überlassen. Zudem benötigt die Zauneidechse selbst sonnige Flächen, wie Stubben- oder Steinhaufen, auf denen sie sich aufwärmen und auf Betriebstemperatur bringen kann.
Die Stubbenhaufen, das sind abgeschnittene Baumstümpfe mit Wurzelwerk, werden von der einen Seite in Sand eingebuddelt und von der anderen Seite leicht offengelassen, so dass die Zauneidechsen unbemerkt darin verschwinden und überwintern können.
Überdies gelten Zauneidechsen als ziemlich standorttreu und überwinden meist nur wenige kurze Strecken. Auch daran hat Maßnahmen-Manager und Zauneidechsen-Retter Janis Ahrens von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein gedacht: im Abstand von maximal 60 Metern sind überall auf der Fläche sogenannte Trittsteine für die Zauneidechse angelegt worden, die es ihr erleichtern mit Pausen von einem Lebensraum in den nächsten zu kommen. Dazu sind auch in einem anderen Projekt genannt „Lebensraumkorridore“ weitere verbindende Biotope angelegt worden, damit die Zauneidechsen die Möglichkeit haben, sich irgendwann über die Grünbrücke der A7 auszubreiten. Zu guter Letzt sind noch jede Menge schleswig-holsteinische Wildpflanzen im Stiftungsland Hasenkrug eingezogen: Thymian, Hauhechel und Heide bieten Versteckmöglichkeiten für die Zauneidechsen und zugleich locken sie viele für die kleinen Reptilien schmackhafte Insekten an.
Geboren und aufgewachsen sind die Mini-Drachen in der Aufzuchtstation bei dem Kooperationspartner der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung (GfN). Reptilienexperte Patrick Pohlmann hat dazu erwachsene Zauneidechsen aus einer stabilen Population entnommen und in einem Freilandgehege zur Paarung gehalten. Die Eier sind in einem speziellen Brutschrank bei 26,5 Grad ausgebrütet worden. Der Vorteil dieser Aufzucht ist, dass externe Risikofaktoren minimiert werden, die klimatischen Bedingungen gleich gehalten werden können und die Zauneidechsen deshalb früher schlüpfen. Das kommt ihnen dann auch gleich wieder zu Gute, denn sie haben mehr Zeit sich die nötigen Fettreserven für die erste Überwinterung in freier Wildbahn anzufressen und überstehen diese in der Regel besser.
Kosten & Finanzierung:
Die Verbesserung der Lebensräume für die Zauneidechsen wurde durch ELER-Mittel des Landes Schleswig-Holstein gefördert, die Wiederansiedlung der Tiere wird aus Ersatzmitteln des Kreises Segeberg über den Segeberg-Fonds finanziert.
Umwelt-Staatssekretärin Katja Günther: „Der Verlust der Arten ist dramatisch. Jede einzelne erfüllt wichtige Funktionen im Ökosystem und trägt zum Gleichgewicht in der Natur bei. Zauneidechsen in Schleswig-Holstein sind massiv durch intensive Landwirtschaft, Nährstoffeinträge, den Rückgang von Insekten als Nahrungsquelle und den Verlust von Lebensräumen gefährdet. Die Stiftung Naturschutz stellt die natürlichen Lebensbedingungen der Zauneidechsen wieder her und macht sich stark für den Erhalt der Tiere. Ein unschätzbarer Beitrag zum Artenschutz in Schleswig-Holstein!“
Dr. Juliane Rumpf, seit 1. Juli 2024 ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein: „Welch schöne Aufgabe zum Amtsantritt: Kleine Zauneidechsen in die Freiheit zu entlassen und zu sehen, wie sie das vorbereitete Gebiet gleich annehmen und entdecken. Als neue ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein freue ich mich über den großen Sachverstand der Expert*innen der Stiftung. Sie wissen aus vielen Projekten genau, was Reptilien und andere Arten brauchen. Mit dieser Erfahrung bauen sie wertvolle Lebensräume überall im Land. Hier ist eine echte Vielfalts-WG mit vielen weiteren Arten entstanden, ein wichtiger Beitrag zur Biodiversität.“
Ute Ojowski, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein: „Hier im Hasenkrug kann man wunderbar sehen, wie Lebensraumgestaltung und Artenschutz ineinandergreifen. Erst bereiten wir die Fläche mit typischen Pflanzen und kleineren Baumaßnahmen wie Steinhaufen und Verstecken vor, dann kommen die Tiere zurück. Den selten gewordenen Zauneidechsen helfen wir ein bisschen, indem wir sie im geschützten Gehege schlüpfen und aufwachsen lassen, bevor wir sie in ihren natürlichen Lebensraum bringen.“