Rund drei Jahrzehnte leitete er die Geschicke der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein an der Spitze: seit 1997 war Dr. Walter Hemmerling Geschäftsführer der Landesstiftung. „Aus einem Zwei-Mann-Betrieb haben Sie in all den Jahren eine große und schlagkräftige Naturschutzorganisation gemacht, um die wir in Schleswig-Holstein bundesweit beneidet werden“, lobte Tobias Goldschmidt, Schleswig-Holsteins Umweltminister bei der offiziellen Verabschiedung des 66-Jährigen am Mittwochnachmittag in der Winkelscheune des Freilichtmuseums Molfsee bei Kiel.
Rund 200 geladene Gäste waren gekommen, darunter Wegbegleiter*innen aus den Ministerien, Vereinen, Verbänden, Staatssekretär*innen, ehemalige Vorstandsmitglieder, ehemalige Kolleg*innen, Freunde, Familie, Bekannte und natürlich das 130-köpfige Stiftungsteam. „Ohne ihn wäre der Naturschutz in Schleswig-Holstein nicht dort, wo er heute ist“, stellte Hermann Schultz, Ehrenvorsitzender des NABU Schleswig-Holstein gleich zu Beginn klar und würdigte Hemmerlings Lebenswerk. Er habe Hemmerling damals im Jahr 1997 aus über 300 Bewerber*innen mitausgesucht. Was für eine grandiose Entscheidung das war, hätte man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gewusst. „Walter ist ein Visionär mit Geschick und Fingerspitzengefühl. Er besitzt die erstaunliche Fähigkeit Trends im Voraus zu erspüren“, brachte es Adrian Jost, Geschäftsführer der Naturstiftung David aus Thüringen in seiner Dankesrede auf den Punkt.
Vom ersten Flächenankauf – gerade mal 1,4 Hektar – im Delver Koog in der Eider-Treene-Sorge-Niederung erweiterte Hemmerling den Stiftungsbesitz mit seinem Team in 27 Jahren auf beachtliche knapp 39.000 Hektar – das sind zwei Prozent der Landesfläche.
Die Crew der Stiftung wuchs in weniger als dreißig Jahren von gerade mal zwei Mitarbeitenden auf heute über 130 Köpfe.
Der Fokus lag für den gebürtigen Hamburger immer auf dem Schutz der Biodiversität: in 27 Jahren holte Hemmerling insgesamt über 300 Millionen Euro für entsprechende Projekte aus der EU und dem Bund nach Schleswig-Holstein – darunter waren auch Landes- und Kreismittel.
Kurz vor der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 hatte Hemmerling die Idee zur „Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein“ – ein geniales Instrument über Ökopunkte Geld zu verdienen, das in den Erhalt von Natur investiert wird: für große Bauvorhaben zum Nachteil des ökologischen Gleichgewichts muß so von den Träger*innen an anderer Stelle ein Ausgleich geschaffen werden. Damit sicherte er die Finanzierung der Stiftung in finanziell bedrohlichen Zeiten. „Während viele Stiftungen gelitten haben, starteten wir unseren Höhenflug“, erinnert sich Hemmerling.
Als 2017 die Krefelder Entomologen auf das Insektensterben aufmerksam machten, hatte Hemmerling bereits lange zuvor mehrere entsprechende Rettungsprojekte ins Leben gerufen (LIFE-Aurinia, Blütenmeer 2020).
Die Bewegung „Fridays for Future“ ebnete dann den Weg für ein breiteres Klimaschutz-Bewusstsein in der Gesellschaft. Hemmerling etablierte gemeinsam mit dem Umweltministerium das Landesprogramm „Biologischer Klimaschutz“ und gilt auch hier als Pionier. Erst kurze Zeit später beteiligte sich der Bund und setzte ein deutschlandweites Programm auf: „Natürlicher Klimaschutz“.
Jetzt gibt Dr. Walter Hemmerling die Geschäfte in die Hände von Ute Ojowski. Zuvor leitete sie 10 Jahre lang die Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein.
„Die Welt zu retten ist eine Herkules-Aufgabe, aber wenn ich einen kleinen Beitrag dazu geleistet hätte, dann wäre das ein schönes Erbe!“ resümiert der frische Ruheständler, als er gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden erwachsenen Kindern nachts vom Hof des Freilichtmuseums fährt.