Rush-Hour AUF der Grünbrücke über der Autobahn

Erster Nachweis der Haselmaus auf grünem Giga-Bauwerk geglückt


Es ist ein gewöhnlicher Kontrollgang – im biologischen Fachjargon „Monitoring“ genannt – über die Grünbrücken in Schleswig-Holstein, den die Biologen-Teams von Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und ihren Partner*innen mit Blick auf verschiedenste Artengruppen gleich mehrfach im Jahr machen. Sie überprüfen dann, ob und wie die grünen Giga-Bauwerke über die Autobahnen A 21, A 7, A20 und A 24 von den kleinen und großen Tieren genutzt werden, die es ohne die Grünbrücken niemals lebend über die Straße schaffen würden.

Dieses Mal fand der Tierökologe Björn Schulz von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein endlich den lang ersehnten Nachweis, als er in der vergangenen Woche in eine der Haselmaus-Neströhren auf der Grünbrücke Kiebitzholm über die A 21 nördlich von Bad Segeberg guckte und ihn dabei zwei braune Kulleraugen anblickten. Eine kleine Sensation: denn die Haselmaus konnte nach fast fünf „Monitoring“-Jahren jetzt auf dem Bauwerk nachgewiesen werden. Bislang „traute“ sich das störungssensible und in Schleswig-Holstein im schlechten Erhaltungszustand befindliche Tier höchstens in die Nähe des Bauwerks. Die Gehölze auf der Brücke hatten sie bislang nicht überzeugt.

Das Expertenteam aus Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, dem Landesbetrieb Straßen und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) und den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten (SHLF) hatte in den vergangenen knapp 20 Jahren in Zusammenarbeit mit örtlichen Partner*innen und unter fachlicher Begeiltung der Uni Kiel Lebensräume für all die Arten hergestellt und optimiert, die von der A 21 als Ausbreitungs-Barriere betroffen sind. Speziell für die seltenen und komplizierten Waldarten – von denen ist die Haselmaus die größte Diva – sind im Umfeld der Grünbrücke rund 20 Hektar Naturwald und in der Agrarlandschaft drumherum rund vier Kilometer Knicks optimiert worden. „All diese Maßnahmen brauchen einige Zeit, denn erst vielfältige Wälder, dicht gewachsene Knicks und insektenreiche Gebüsche erfüllen alle Lebensraum-Ansprüche der kleinen, streng geschützten und in Schleswig-Holstein stark bedrohten Haselmaus“, erklärt Björn Schulz.

Auf der Grünbrücke selbst habe es fast 18 Jahre gedauert, bis die Art erstmals auf dem Bauwerk und nicht nur in seinem Umfeld nachgewiesen wurde. Das sei ein sehr gutes Zeichen. Besonders erfreulich sei, dass die Haselmaus gleichzeitig auch auf der A20-Grünbrücke bei Strukdorf erstmalig nachgewiesen werden konnte. „Es beweist, dass die Wiedervernetzung von Lebensräumen auch über Straßen hinweg funktionieren kann und wir mit Hilfe von Korridoren Verbindungen von einem Lebensraum zum nächsten schaffen können. Nur so ist ein genetischer Austausch möglich und das Überleben vieler stark bedrohter und selten gewordener Tiere gesichert“, betont Schulz. 

Das „Monitoring der Grünbrücken in Schleswig-Holstein“ der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein wird von der Bundesautobahn GmbH gefördert (2019-2024).