Klimafarm-Pioniere starten

Das fünfköpfige Projektteam der Klimafarm der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat seine Arbeit in Erfde – zwischen Rendsburg und Friedrichstadt – aufgenommen…

  • Arndt Behrendt, Dr. Elena Zydek (Projektleiterin), Inga Baasch, Mathes Holling (Betriebsleiter), Dr. Wiebke Schuster (v.l.n.r.), Fotografie: Kaja Grope

  • Mahdgut vom Moorgrünland, Fotografie: Kaja Grope


Die fünf Mitarbeiter*innen sind echte Pioniere, denn sie bauen die erste Klimafarm Deutschlands quasi aus dem Nichts auf. Aus einem ehemaligen Milchviehbetrieb in der Eider-Treene-Sorge-Niederung entwickeln sie in den nächsten zehn Jahren einen Ort, an dem die Bewirtschaftung von Moorgrünland mit Klimaschutzzielen verknüpft wird.

Das Klimafarm-Team wird von Dr. Elena Zydek, Projektleiterin und selbst Milchbäuerin, geführt. Die Spezialist*innen bringen Kompetenzen aus der Landwirtschaft, dem Moorschutz, der Kommunikation, der Betriebswirtschaft und der Verfahrenstechnik mit. Im Herbst stößt noch ein gelernter Landwirt zum Team und bringt weitere Praxiserfahrungen ein. In den nächsten Monaten legt Zydek mit ihrem Team viel Wert auf die Vernetzung in der Region. „Wir wünschen uns einen offenen, lebendigen Austausch hier auf der Klimafarm mit der Landwirtschaft, den Kommunen, den Wirtschaftsunternehmen und der Wissenschaft. Nur gemeinsam und im intensiven Ideen-Austausch lässt sich eine neue Wertschöpfungskette für das Erntegut vernässter Moorflächen entwickeln“, ist sich Zydek sicher.

Ihre zentrale Fragestellung: Wie können die für den Klimaschutz wichtigen nassen Moorböden von Landwirt*innen weiter genutzt werden und dabei ökonomisch attraktiv bleiben? Anders gesagt: Moorbodenerhaltende Grünlandbewirtschaftung, die sich für Landwirt*innen wirtschaftlich lohnt und für das Klima. Der Pilotbetrieb auf der Klimafarm wird dafür schrittweise aufgebaut:

Wiedervernässung:
Zunächst macht das Team trockengelegte Moorflächen wieder nass, damit diese Treibhausgas-Emissionen eindämmen und später CO2 aktiv als Kohlenstoff dauerhaft binden können. Maßnahmen für diese Wiedervernässung sind beispielsweise die Schließung von Gräben oder der Bau von Dämmen.

Nassbewirtschaftung: Im Anschluss sucht das Team nach der optimalen Bewirtschaftung der sehr nassen Moorböden mit artenreichem Grünland. Das nasse Mahdgut muss von den feuchten, weichen Flächen geborgen werden. Eine Herausforderung für Mensch und Maschine. Bereits bestehende Techniken für die Mahd auf nassen Böden werden gemeinsam mit Expert*innen und Landmaschinen-Herstellern weiterentwickelt.

Neue Wertschöpfungsketten: In Schritt drei erprobt das Team, wie sich für das Mahdgut neue Verwertungs- und Wertschöpfungsketten erschließen lassen. In enger Zusammenarbeit mit Produzenten soll mit Verfahren wie Trocknung und Pelletierung ein Rohstoff für die Verarbeitung zu Graspapier oder Pflanzenkohle geschaffen werden. Daraus können Unternehmen beispielsweise Versandkartons, Bau- oder Dämmstoffe oder Bodenverbesserer herstellen. Aber auch andere Verfahren und Produkte werden in dem Pilotprojekt berücksichtigt. So entstehen alternative Wertschöpfungsketten für Landwirt*innen mit klimafreundlichen Endprodukten, die herkömmliche (fossile) Rohstoffe ersetzen können.

Projektleiterin Dr. Elena M. Zydek ist voller Elan: „Wir freuen uns, jetzt auf der Klimafarm der Stiftung Naturschutz in Erfde loszulegen. Wir sind hochmotiviert, in den nächsten zehn Jahren die Eider-Treene-Sorge-Niederung zum Hotspot für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und neue, klimapositive Produktionsketten zu machen.“

Neben dem landwirtschaftlichen Pilotbetrieb soll die Klimafarm ein Ort werden, an dem Akteur*innen aus Wissenschaft und Landwirtschaft, aus Naturschutz und Klimaschutz, aus Schleswig-Holstein und ganz Europa zusammen neue Ansätze für eine klimaneutrale Zukunft denken können. Dafür sind in den nächsten Jahren Fachkonferenzen, Feldtage und weitere Veranstaltungen geplant.

Das Projekt Klimafarm der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat ein Gesamtvolumen von 15,5 Millionen Euro bei einer Projektlaufzeit von 2021-2031. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) fördert das Vorhaben mit rund 12,4 Millionen Euro. Durchführen wird es die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter Einbeziehung weiterer Partner.

Insgesamt unterstützt das BMUV bundesweit vier Pilotvorhaben, die neue Bewirtschaftungsformen auf landwirtschaftlich genutzten, wiedervernässten Moorböden erproben. Die Mittel werden über den Energie- und Klimafonds (EKF) der Bundesregierung bereitgestellt. Die Pilotvorhaben sollen Lösungswege zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen aus bewirtschafteten Moorböden aufzeigen und Erkenntnisse für den Klimaschutz gewinnen.

Zuständige Projektträgerin ist die Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH. Weitere Informationen unter www.z-u-g.org/aufgaben/pilotvorhaben-moorbodenschutz