Noch schlafen sie tief und fest, doch wenn die Temperaturen einige Tage lang über zehn Grad steigen und auch die Nächte nicht mehr zu kalt sind, erwachen die Zauneidechsen Mitte bis Ende März aus ihrer Winterstarre. Die flinken Reptilien lieben es nämlich warm, trocken und sonnig – sie sind Sommerkinder durch und durch. In Schleswig-Holstein ist die Zauneidechse (Lacerta agilis) stark gefährdet. Sie lebt hier bei uns häufig schon total isoliert – wie auf einer einsamen Insel. Die Strecke bis zum nächsten Zauneidechsen-Zuhause unüberwindbar weit weg. Denn die Mini-Echsen sind zwar schnell, aber lauf und wanderfaul. 60 Meter sind für sie schon fast eine unüberwindbare Distanz.
Oftmals weichen ihre letzten Rückzugsorte dem Straßen- Wohnungs und Häuserbau. Der Lebensraumverlust ist ihr stärkster Gefährdungsfaktor. Hinzu kommt dann noch die immer stärkere Landnutzung, die keine oder kaum Säume Streifen, Hecken und Lücken zulässt. Und der zunehmende Stickstoffeintrag aus der Luft. Dieser sorgt dafür, dass ihre nährstoffarmen Lebensräume zuwachsen und sie keine Sonnenplätze und sandigen Eiablageplätze mehr finden.
Zauneidechsen-Schlupfzahlen mit 158 auf Rekordkurs
Umso schöner, dass die Schlupfzahlen im vergangenen Sommer eine absolute Rekordhöhe erreicht haben. Waren es in den vergangenen Jahren so durschnittlich 41 Individuen, haben es im Sommer 2024 erstaunliche 158 Zauneidechsen aus dem Ei in der Aufzuchstation bis in die freie Wildbahn geschafft. „Das sind so viele wie nie zuvor“, freut sich Zauneidechsen-Retter Janis Ahrens von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der den Echsen gemeinsam mit den Reptilien-Expert*innen der Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH in Molfsee seit sieben Jahren Jahren bei der Reproduktion hilft. „Das ist ein Riesenerfolg und zugleich ein Riesenschritt für eine dauerhafte Rettung dieser bedrohten Art“, erklärt er.
Zauneidechsen-Wiederansiedlung feiert 10. Geburtstag
Angefangen hat die Zauneidechsen-Wiederansiedlung im Jahr 2015 sein Kollege Björn Schulz, heute Teamleiter Wildtiermanagement bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.
Schulz und das Reptilien-Team von GfN in Molfsee haben vor zehn Jahren zum ersten Mal vier Männchen und acht Weibchen in der Wildnis gefangen – natürlich aus einer der wenigen großen Zauneidechsen-Populationen hier in Schleswig-Holstein – und in einem Freilandgehege gehalten. Trächtige Weibchen wurden zur kontrollierten Eiablage dann kurzzeitig in Legeboxen überführt, anschließend wieder ins Freilandgehege entlassen. Die Brut der Eier überließen die Expert*innen dann von einem Brutschrank – dem sogenannten Inkubator – übernehmen. Das führte zum einen zu einer deutlichen verkürzten Schlupfzeit und auch zu einer höheren Schlupfrate. „In diesem Jahr werden wir die 1.300er-Marke mit Sicherheit knacken“, ist Ahrens optimistisch. Ausgesetzt wurden die meisten der kleinen Sonnenliebhaber im Kreis Segeberg. Dort haben in den vergangenen zehn Jahren 792 Echsen ein neues Zuhause gefunden. Konkret in Hasenkrug, Bad Bramstedt, Latendorf, Negernbötel, Daldorf und Ketelvierth.
Außerdem sind die Zauneidechsen in Schleswig-Holstein noch auf der Halbinsel Holnis, der Geltinger Birk und Oeversee südlich von Flenbsurg im Kreis Schleswig-Flensburg und in Nordoe bei Itzehoe im Kreis Steinburg ausgewildert worden. Die gute Nachricht: in einigen Zauneidechsen-Gebieten – darunter Nordoe, Dahldorf und Negernbötel – konnte Ahrens und sein Team schon nachweisen, dass die flinken Echsen sich auch in freier Wildbahn reproduziert haben. Ein toller Erfolg!
Schleswig-Holstein ist an vielen Stellen Zauneidechsen-Zuhause
Aber die Zauneidechsen-Retter*innen haben sich nicht nur um die gesicherte Familienplanung der bedrohten Art gekümmert und diese in geeigneten Gebieten ausgebracht. Sie haben vielerorts zuvor die Aufwertung und Neu-Schaffung von Lebensräumen umgesetzt. Dazu gehören auch die bereits oben genannten Aussetzungsgebiete: Holnis, Geltinger Birk, und Oeversee, sowie Nordoe. Aber auch die Segeberger Zauneidechsen-Lebensräume.
Auch in Woltersdorf im Lauenburgischen, in Johannistal im Kreis Ostholstein, in den Sorgwohlder Binnendünen im Kreis Rendsburg-Eckernförde und auch in Damsdorf im Kreis Segeberg hat das Zauneidechsen-Team viele Lieblingsplätze ganz nach dem Geschmack der kleinen Sommerkinder mit trockenen, warmen Plätzen mit Stein- oder Holzhaufen, Mauern, sonnigen Hängen und auch offenen, sandigen Bodenstellen, eingerichtet.
Internationaler Tag des Artenschutzes
Der „Internationale Tag des Artenschutzes (UN World Wildlife Day)“ ist im Jahr 1973 im Rahmen des „Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES, Convention on International Trade in endangered Species of Wild Fauna and Flora)“ eingeführter Aktions- und Gedenktag zum Artenschutz. Er findet jährlich am 3. März statt: Durch das unterzeichnete Abkommen sollen bedrohte, wildlebende Arten geschützt werden, die durch Handelsinteressen gefährdet sind.
Internationaler Tag des Artenschutzes
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Zauneidechsen sind in S-H bedroht, Bildautor: Florian Mewes
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Schlupferfolg bei den Zauneidechsen, Bildautor: GfN Molfsee