Entwarnung, aber nicht auf ganzer Linie

Sommerhonig wieder deutlich geringer belastet – Stiftung Naturschutz stellt Untersuchungsergebnisse 2017 vor


Insgesamt sind 300 Sommerhonig-Proben von 241 Imkern in Schleswig-Holstein auf ihre PA-Belastung untersucht worden. In 276 Proben (92%) wurden entweder gar keine PAs nachgewiesen, oder die Gehalte lagen unter dem aktuell gültigen Orientierungswert von 140 μg PA/kg Honig des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Die übrigen acht Prozent überschritten den Orientierungswert. Ihr Anteil ist in diesem Jahr nicht einmal halb so hoch wie im Vorjahr, als 18 Prozent betroffen waren. Und: In Schleswig-Holstein entfällt nur ein knappes Drittel der Gesamtjahresernte auf den Sommerhonig. Die Masse produzieren die Bienen vorher, also vor der Blütezeit des Jakobs-Kreuzkrautes.

„In diesem Jahr sind zum einen weniger Sommerhonig-Proben mit sogenannten Pyrrolizidin-Alkaloiden (PAs) belastet, und zum anderen fallen die Belastungen deutlich geringer aus“, sagt Dr. Aiko Huckauf, Leiter des Jakobs-Kreuzkraut-Kompetenzzentrums der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.

Der schleswig-holsteinische Sommer hat auch in diesem Jahr wieder Urlaub gemacht. Mit anderen Worten: Bis auf wenige wirklich heiße und sonnige Tage war er wieder viel zu nass. Für die Imker war es also zum wiederholten Mal kein einfaches Jahr. Dies bestätigt auch Dr. Werner von der Ohe vom LAVES Institut für Bienenkunde Celle: „Bei kühler Witterung und/ oder Regen schränken die Sammelbienen sowohl die Ausflugshäufigkeit als auch den Sammelradius ein.“ Immerhin fallen die Ergebnisse der Sommerhonig-Untersuchungen, in diesem Jahr weit erfreulicher aus als im vergangenen Jahr. Die Untersuchung des Sommerhonigs durch das Jakobs-Kreuzkraut-Kompetenzzentrums sind Teil des Projektes „Blüten für Bienen“. Finanziert wird es vom Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Naturschutz und Digitalisierung (MELUND).

In diesem Jahr kamen die Imker in Schleswig-Holstein im Durchschnitt auf 33 Kilogramm Honig pro Bienenvolk, davon waren 10 Kilogramm Sommerhonig und 23 Kilogramm Frühjahrshonig.

Die Ergebnisse der Sommerhonig-Untersuchung 2017 bestätigen, dass es sich im Sommer 2016 um ein Ausnahmejahr gehandelt hat: „Im letzten Jahr hat die Kombination aus niedrigen Temperaturen und regelmäßigen Starkregen-Ereignissen dazu geführt, dass die Linde als wichtigste sommerliche Trachtquelle praktisch ausgefallen ist, so dass die Honigbienen notgedrungen auf andere Pflanzen ausweichen mussten – darunter auch PA-haltige wie das Jakobs-Kreuzkraut. Das war in diesem Jahr anders: Durch die gegenüber 2016 leicht höheren Sommertemperaturen stand den Honigbienen in den meisten Landesteilen dieses Jahr Lindentracht zur Verfügung, so dass die PA-Belastungen niedriger als im Vorjahr waren“, sagt Dr. Aiko Huckauf, Diplom-Chemiker und Umweltmanager.

Darüber hinaus zeige sich ein positiver Effekt, wenn die Imker bei der Standortwahl von vornherein darauf achten, dass sich keine Massenvorkommen PA-haltiger Pflanzen in unmittelbarer Nähe des Bienenstandes befinden, dafür aber ein gutes Angebot Nektar und Pollen spendender Alternativen. Gegebenenfalls erfordere das einen Wechsel des Standortes nach der Frühjahrsernte, d. h. nach dem Ende der Rapsblüte. Die Wahl eines geeigneten Standortes mit einem reichhaltigen sommerlichen Blütenangebot komme nicht nur dem Honigertrag zu Gute, sondern auch den Honigbienen, die hierzulande nach dem Ende der Rapsblüte vielerorts mit einem Trachtloch zu kämpfen hätten, so Huckauf weiter.

Auch die Vorverlegung des Erntetermins wie von einigen Imkerinnen und Imkern bereits praktiziert, biete eine Möglichkeit, um speziell den Eintrag von PAs aus dem Jakobs-Kreuzkraut, das erst im Juli zu blühen beginnt, zu verhindern. Damit lasse sich zugleich auch eine weitere in Schleswig-Holstein weit verbreitete „Risikopflanze“ umgehen: der Wasserdost. Ausschließlich aus dieser Pflanze stammen die PAs in dem am höchsten belasteten Sommerhonig diesen Jahres – mit einem Gehalt von immerhin 1066 µg/kg.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein arbeitet seit über zehn Jahren intensiv an der Aufklärung, Sensibilisierung und Eindämmung der gelb-blühenden heimischen Wildpflanze Jakobs-Kreuzkraut. Im Jahr 2007 ging das erste Anschreiben an die rund 1200 Pächter der Landesstiftung, das über die Gefahren und Risiken aufklärte und den Umgang mit der Pflanze skizzierte. Inzwischen gehört das jährliche Anschreiben, die Beratung und enge Begleitung bei der Umsetzung notwendiger Schritte zum Standard. Mit der Einrichtung des JKK-Kompetenzzentrums vor zweieinhalb Jahren wurden die Maßnahmen erheblich intensiviert – immer unter Berücksichtigung der vom MELUND ausgearbeiteten Landesstrategie.

Das JKK-Kompetenzzentrum koordiniert außerdem zahlreiche Forschungsprojekte. „Die zahlreichen Forschungsprojekte und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Forschern und Praktikern aus unterschiedlichen Bereichen helfen uns, das komplexe Phänomen Jakobs-Kreuzkraut besser zu verstehen – und als problematisch empfundenen Massenvorkommen der heimischen Pflanze effektiver zu begegnen“, sagt Huckauf. Dabei bleibe man seinen Prinzipien treu und verzichte bewusst auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. „Wir erreichen nichts, wenn wir den PA-Gehalt im heimischen Sommerhonig mittels Pflanzenschutzmitteln verringern, diese Pflanzenschutzmittel aber über das Grundwasser – oder den Honig – in die Nahrungskette gelangen.“

Das Forschungsprojekt „Blüten für Bienen“ ist ein Kooperationsprojekt des MELUND, der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Landesverbandes Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker e. V..