Mina und das Sternenkind

Mina und das Sternenkind: Teil I

Es war schon spät, als Mina sich endlich auf den Heimweg von der Weihnachtsmannwerkstatt machte. Heute war eine der Geschenkverpackmaschinen kaputt gegangen und die Wichtelwerkstatt war so überlastet mit all den Reparaturen die für das nächste Jahr am Schlitten und an dem Weihnachtsmannsack gemacht werden mussten, dass sie einfach nicht kommen konnten um die Maschine zu reparieren. So ist dann Mina als Leitungswichtel der Geschenkemanufaktur eingesprungen, um die Maschine zu reparieren. Sie hatte zwar nicht dieselbe Ausbildung wie einer der Werkstattwichtel, doch als sie noch jünger war ist sie oft mit ihrem Großvater zur Arbeit in der Werkstatt mitgefahren. Dort hatte sie so manches gelernt, was die Maschinen der Manufaktur angeht und tatsächlich, nach einigen Stunden war das Problem entdeckt. Es hatten sich einige Schrauben tief im inneren der Maschine gelöst, also musste sie um dort heran zu kommen erstmal alles ausbauen, die Schrauben wieder an ihren richtigen Platz setzen und dann alles wieder einschrauben. Als sie fertig war, war der Rest der Wichtel bereits in ihren wohl verdienten Feierabend verschwunden und die Sonne hatte sich bereits schlafen gelegt.

Wie sie so durch das Wichteldorf wanderte, betrachtete sie den nächtlichen Sternenhimmel. Während die alten Sterne verharrten und auf das Ende ihres Dienstes warteten, tollten die Sternenkinder herum und jagten sich über den nächtlichen Himmel. Natürlich taten sie dies nur, wenn sie gerade von keinem Menschen beobachtet wurden. Blickte einer nachts dann doch nach oben blieben sie ganz unvermittelt stehen und taten so, als ob sie an diesem Ort schon immer waren. Doch die Blicke der Wichtel störten die Sternenkinder nicht weiter, schließlich waren es nur die Menschen, die sich nach ihren Bildern richteten.

Vorsichtig legte sich Mina in das hohe Gras und sah ihnen beim Spielen zu. Das Treiben wurde immer wilder und dann kam es wie es kommen musste: Eines der Kinder stürzte und konnte sich nicht mehr am Himmel halten. Einen langen Schweif zog es hinter sich her, während es der Erde immer näher kam und rumms! Mina konnte die Erschütterung noch hier spüren. Sie war aufgesprungen und rannte nun schleunigst zum Weihnachtsmann. Weder die verwirrten Blicke der anderen noch die Fragen ließen sie langsamer werden.

Als sie beim Weihnachtsmann ankam war sie völlig außer Puste. Er war nach draußen gekommen um zu sehen, was den ganzen Tumult verursachte. Mina zwang sich ihre Atmung zu verlangsamen und brach mit den Nachrichten hervor. Der Weihachsmann wurde plötzlich ganz ernst, als er hörte, dass eines der Sternenkinder gefallen war. Lange strich er sich über den Bart bevor er Mina bedeutete, mit ihm herein zu kommen.

„Ich möchte gerne, dass du das Sternenkind suchen gehst“, murmelte er unter seinem Bart hervor während er die Schränke der Bibliothek durchsuchte. „Aber Weihnachtsmann. Wie soll ich denn das Kind finden? Ich weiß ja gar nicht genau wo ich suchen soll“, meinte Mina. Der Weihnachtsmann schien gefunden zu haben, was er suchte und drehte sich mit dem kleinen Objekt in der Hand zu ihr um. „Dies ist ein Sternenstaubdetektor. Er ist in der Lage feinste Spuren von Sternenstaub aufzuspüren.“ Vorsichtig stellte er das Objekt auf einen der Tische und zog ein kleines Fläschchen hervor. „Das hier ist Kometenstaub. Die Kometen sind die Spielbälle der Sternenkinder. Mit jedem Mal wo eines von ihnen den Kometen berührt, bekommt dieser einen Hauch Sternenstaub ab.“ Vorsichtig füllte er etwas in das Metallobjekt. „Sternenstaub“, führte der Weihnachtsmann fort, „hat die Eigenschaft, dass er nicht alleine bleiben möchte und so ist er immer auf der Suche nach seinesgleichen.“

Mina betrachtete das Objekt genauer. Es hatte Ähnlichkeit mit einem aufklappbaren Kompass, aber ohne darauf verzeichnete Himmelsrichtungen. Die Oberfläche des Sternenstaubdetektors war wunderschön graviert worden. Über und über waren die Sternbilder des nächtlichen Himmels gezeichnet worden und sie alle liefen auf einen einzigen Punkt zu: Den Mond. Dieser thronte in der Mitte des Deckels und schien zu schimmern und zu leuchten. In die Nadel des Detektors, war ein kleiner blauer Stein eingearbeitet worden. „Dieser leuchtet, wenn du in die Nähe von einer großen Menge Sternenstaub kommst“, meinte der Weihnachtsmann. „Nun beeil dich aber. Das Kind muss vor dem nächsten Vollmond wieder bei den anderen Sternen sein, sonst wird es allmählich verblassen und letztlich völlig verschwinden. Denn der Mond überstrahlt sein Erscheinen.“ Mina überlegte kurz. Der nächste Vollmond war schon in fünf Tagen. „Und sei vorsichtig“, führte der Weihnachtsmann fort, „du bist mit Sicherheit nicht die Einzige die nach dem Sternenkind suchen wird. Sternentränen wird die Eigenschaft nachgesagt, ewiges Leben zu bringen und so manche böse Kreatur wartet ihr ganzes Leben lang nur darauf, einen Stern zu fassen zu bekommen.“

Die Wichtelin nickte und nahm den Kompass an sich, bevor sie nach Hause rannte um ihre Sachen zu packen. Viele der anderen Wichtel waren bereits wieder in ihre Hütten zurückgekehrt. Nur einige wenige standen noch draußen. Unter ihnen war Filia, eine der Mondwichtelinnen. Als sie Mina vorbeirennen sah, wusste sie das etwas Schreckliches passiert sein musste und sie konnte die Unruhe des Mondes spüren. So schnappte sie sich ihren Beutel und lief Mina hinterher. Sie fand die Tür der Wichtelin offenstehen also trat sie zaghaft herein. Mina war gerade dabei ein in ein Tuch eingeschlagenes Objekt in ihre Tasche zu befördern.

Filia klopfte gegen den Türrahmen um sich bemerkbar zu machen und Mina wirbelte herum. Der Schreck stand ihr ins Gesicht geschrieben und Filia konnte nicht anders als zu schmunzeln, obwohl sie diese Reaktion nur noch weiter darin bestärkte, dass etwas fürchterlich falsch war sonst wäre Mina niemals so schreckhaft gewesen. „Filia gerade ist es ein wirklich wirklich schlechter Zeitpunkt“, sagte Mina und drehte sich wieder ihrer Tasche zu. „Irgendetwas stimmt nicht mit dem Himmel und mich lässt das Gefühl nicht los, dass du etwas darüber weißt Mina“, meinte Filia mit unbeirrter Stimme. Mina stoppte zu packen und richtete sich auf. Durfte sie es ihr sagen? Die Wichtelin hatte keine Ahnung wie der Weihnachtsmann mit dieser Information umgehen will. Dennoch entschied sich Mina ihr die Wahrheit zu sagen in der Hoffnung, dass Filia wieder nach Hause zurückkehren würde sobald sie sie kannte.

„Ich komme mit dir“, war Filias erste Reaktion nachdem Mina die Geschichte beendet hatte. Mina schüttelte vehement den Kopf.  „Nein. Es ist einfach zu gefährlich.“ So hatte sie das ganz und gar nicht geplant gehabt. „Ganz genau wieso du nicht alleine reisen solltest,  antwortete Filia mit einem selbstsicheren Grinsen. Gerade als Mina etwas dagegen halten wollte, warf die Mondwichtelin noch ein:  „Außerdem, wie willst du denn ohne meine Hilfe das Sternenkind zurück in den Himmel bringen?“ Soweit hatte Mina noch gar nicht gedacht. Tatsächlich hatte sie wirklich keine Ahnung wie sie das anstellen würde. Zaghaft nickte sie dann „Na gut. Du musst mir aber versprechen, dass du super vorsichtig sein wirst!“, meinte Mina. „Natürlich werde ich das Mina“, sagte Filia mit einem Grinsen „Ich gehe noch schnell und schreibe einen Zettel, dass die anderen sich keine Sorgen machen.“ Mit diesen Worten rannte sie zur Tür hinaus.

Für einen kurzen Augenblick dachte Mina darüber nach, ob sie nicht jetzt schnell los sollte, wo Filia noch nicht wieder zurück war. Dann wäre die andere Wichtelin nicht ihretwegen in Gefahr. Doch so gerne Mina das auch getan hätte, so real war auch die Tatsache, dass sie wirklich keine Ahnung hatte wie sie das Sternenkind zurück zu den anderen Sternen bringen sollte. Also packte sie in Ruhe ihre Tasche fertig und wartete darauf, dass die andere Wichtelin zurückkommt.

„So, wo gehen wir als erstes hin?“, fragte Filia, als sie wieder an Minas Haus angekommen war. „Wir müssen nach Westen, also geht es zunächst durch den Meckertrollwald.“ Filia schluckte für einen Moment, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Zielstrebig ging die Mondwichtelin voran und Mina ihr hinterher.

Der Wald war finsterer denn je. Nicht einmal ein einziger Mondstrahl drang durch das dichte Blattwerk der Bäume, doch Mina und Filia wagten es nicht eine Laterne anzuzünden. So leise wie sie nur irgendwie konnten kämpften sie sich Stück für Stück weiter durch den Wald. Die Lichter des Wichteldorfes konnten sie schon seit langem nicht mehr sehen. Plötzlich konnten sie vor sich einen leichten Lichtschimmer erkennen. Er war noch weit weg, doch ohne Frage kam er näher. Das Herz der beiden klopfte ihnen bis zum Hals. Wie erstarrt blieben sie stehen und hofften, dass sie einfach nicht gesehen werden würden, doch der Lichtschimmer kam direkt auf sie zu und es war zu riskant in der Dunkelheit davon zu rennen. Verzweifelt sahen sie sich um auf der Suche nach irgendeinem Ausweg. Mina fühlte wie Filia an ihrem Armel zupfte und als sie sich zu ihr umdrehte, zeigte die Mondwichtelin auf einen großen Baum nicht weit von ihnen. Der unterste Ast war gerade so hoch, dass sie ihn zu zweit erreichen konnten. Gerade noch rechtzeitig schafften sie es auf den Ast, denn im nächsten Moment waren die Meckertrolls auch schon an ihrem Baum angekommen.

„Ich hab Hunger!“, schrie einer der Trolls und ein anderer wiederum rief: „Ich bin müde!“ Ein dritter rülpste wiederum in einer ohrenbetäubenden Lautstärke bevor er ganz simpel sagte: „Ich habe keine Lust mehr.“ Der Troll, der ganz vorne lief, seufzte und blieb direkt unter dem Ast auf dem die beiden Wichtelinnen standen stehen. „Ihr seid doch alle samt Jammerlappen!“, schrie er die anderen an bevor er anfügte:  „Aber so hat das keinen Wert mit euch. Wir schlagen hier unser Nachtlager auf. Morgen werden wir in der Meckertrollhöhle ankommen.“ Die anderen grölten und grunzten. Das sollte vermutlich Freude darüber bedeuten, dachte Mina. Wenn die Meckertrolle über Nacht hier blieben, mussten sie das wohl auch tun. Mina hätte laut geseufzt, wenn nicht direkt unter ihr der Gruppenführer stehen würde. So also bedeutete Mina Filia weiter in die Höhe zu klettern. Es war einfach zu riskant auf ihrem Ast zu bleiben. Sie würden sofort entdeckt werden, wenn einer der Trolls nach oben sah.

Die beiden waren schon fast ganz oben angekommen als plötzlich einer der Äste unter dem Fuß der Mondwichtelin brach. Entsetzt quiekte Filia während der Ast in die Tiefe fiel und einem der Trolls direkt auf den Kopf landete. Dieser grunzte und begann zu taumeln bevor er bäuchlings auf den Boden fiel. Nun war das eingetreten, was die beiden um jeden Preis vermeiden wollten. Die Trolls hatten sie gesehen. „Ihnen nach!!!“, schrie der Anführer und die Trolls gehorchten sofort und griffen nach den untersten Ästen um sich Stück für Stück weiter in die Höhe zu kämpfen. Mina und Filia kletterten so schnell sie nur konnten, weg von diesen bösen Geschöpfen und zum Himmel hin. Doch sie konnten nicht ewig weiter in die Höhe und schon bald hatten sie die Spitze des Baumes erreicht. Während die Trolls nun immer näher kamen waren sie hier oben gefangen.

„Da!“, schrie Filia plötzlich, „Ein Wolkenschäfchen!“ Sie begann wie wild zu rufen und zu pfeifen und tatsächlich flog das Schäfchen zu den beiden herüber. Die Trolls waren in der Zwischenzeit so nahe, dass die beiden schon ihren fauligen Geruch riechen konnten.  Ohne zu zögern sprang Filia auf, doch Mina war nicht ganz so furchtlos, als sie den Blick in die Tiefe richtete. „Ich kann nicht!“, rief Mina und klammerte sich an den Ast hinter ihr. „Vertrau mir!“, schrie Filia und streckte Mina die Hand entgegen. Doch da hatte auch schon einer der Trolls Minas Fußgelenk gepackt und versuchte sie nach unten zu ziehen. Mina nahm nun all ihren Mut zusammen und trat mit dem anderen Fuß dem Troll so fest sie konnte in das Gesicht. Tatsächlich ließ er los und Mina griff nach Filias Hand und sprang.

Doch sie sprang nicht weit genug. Mit den Händen packte sie nach der Wolle des Schafes, welches entsetzt blökte. Ihre Füße strampelten in der Luft und suchten nach irgendeiner Form von Halt. Zusammen mit Filias Hilfe schaffte Mina es sich auf den Rücken des Wolkenschäfchens zu hieven. Schwer atmend fielen die beiden zurück. „Danke“, brachte Mina hervor und setzte sich vorsichtig auf um dem Schäfchen ein 'Danke' und ein 'Es tut mir leid' ins Ohr zu flüstern. In der Ferne konnte sie die Meckertrolls in dem Baum sehen. Sie schrien ihnen wutentbrannt nach: „Das nächste Mal kriegen wir euch!“ Doch kurze Zeit später waren sie schon so weit entfernt, dass sie nur noch als kleine Punkte am fernen Horizont erschienen, die sich langsam den Baum hinunter bewegten. Mina ließ sich zurück auf den Rücken des Schafes fallen.

„Also dafür, dass du das letzte Weihnachten mit dem Weihnachtsmann mit geflogen bist, warst du ja gerade ein ziemlicher Angsthase“, kicherte Filia und Mina wurde rot. „Naja, mit dem Schlitten ist der Weihnachtsmann schon seit Jahren unterwegs. Da war die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schief geht so gering wie nur möglich. Außerdem sind wir dann ja doch damit abgestürzt. Vielleicht war ich ja deshalb vorsichtiger als ich sonst gewesen wäre“, sagte Mina und starrte dabei stur in den Nachthimmel. „Naja etwas mehr als vorsichtig würde ich ja schon sagen. Du sahst aus als hättest du einen Geist gesehen“, grinste Filia. Mina schnaubte und setzte sich aufrecht hin. „Hey ich mach doch nur Spaß“, beschwichtigte Filia und legte Mina eine Hand auf die Schulter. Mina seufzte. „Ich weiß doch. Ich weiß. Ich bin denke ich einfach nur übermüdet. Wie weit nimmt uns das Wolkenschäfchen mit?“, fragte Mina und drehte sich zu Filia um. „Bis zum Ende des Waldes, dann muss sie zurück um den Rest ihrer Herde zu suchen. Aber bis dorthin ist es noch eine Weile. Ich denke es ist am besten, wenn wir etwas Schlaf bekommen.“ Mina nickte und die beiden ließen sich wieder in die weiche Wolle des Schafes fallen. Es dauerte nicht lange, da waren sie schon eingeschlafen.

 

Mina und das Sternenkind: Teil II

Viel zu früh brach der nächste Tag herein. Gähnend setzte Mina sich auf. Sie waren fast am Ende des Waldes angekommen. Die Wichtelin gähnte nochmal und begann dann Filia zu wecken. „Nur noch fünf Minuten“, murmelte die Mondwichtelin und drehte sich auf die andere Seite.  Mina seufzte und rüttelte weiter, doch Filia wachte einfach nicht auf also nahm sie ihre Wasserflache aus der Tasche und schüttete der Mondwichtelin ein kleines bisschen Mitten ins Gesicht. Dies schien Wirkung zu zeigen denn Filia saß in null Komma nichts aufrecht auf dem Schäfchen. „Echt jetzt?“, fragte sie, während sie sich das Gesicht abwischte. Mina zuckte nur mit den Schultern und Trank ein wenig aus ihrer Flasche bevor sie sagte: „Wir sind fast da.“

Vor ihnen lag ein großer See der umgeben war von herrlichen Wiesen, die über und über mit lilanen Blumen bewachsen waren. Nur wenige Wichtel waren jemals soweit vorgedrungen in diese Welt, die jenseits des Wichteldorfes liegt. So waren die beiden Abenteurerinnen zwar einerseits unglaublich aufgeregt diese komplett neue Welt kennenzulernen und andererseits hatten sie auch Angst davor. Nachdem sie das Ende des Waldes erreicht hatten wurde das Wolkenschäfchen immer langsamer bis es schließlich über dem See stoppte.

„Es sagt, dass es nicht weiter fliegen kann, sonst würde es seine Herde nicht mehr einholen.“ Filia gab dem Schaf noch eine Umarmung und drehte sich dann zu Mina um. „Es kann auch nicht weiter nach unten fliegen, denn das liegt nicht in der Natur der Wolkenschäfchen.“ Mina schaute Filia aus großen Augen an. „Das heißt doch nicht was ich denke dass es heißt oder?“ Filia schmunzelte „Ich fürchte das tut es“ Mina beobachtete wie die Mondwichtelin aufstand und ihr wurde plötzlich immer banger ums Herz. Die beiden schwebten immer noch gute zehn Meter über der Wasseroberfläche und da sollten sie springen? „Na komm.“ Filia streckte Mina ihre Hand entgegen, wie sie es auch schon im Wald getan hatte. Zaghaft nahm Mina sie und ließ sich auf die Füße ziehen. „1“, zählte Filia. Mina schluckte und sagte dann „2“ und ohne zu zögern kam von Filia dann die „3“. Mina fühlte wie Filia sprang und wie sie selbst mitgerissen wurde. Mina konnte nicht anders als loszuschreien und dann kam auch schon die Wasseroberfläche.

Mina kämpfte sich rasch wieder an die Oberfläche und schnappte nach Luft. „Filia? Filia!?“ Mina sah sich ängstlich um doch nirgendwo konnte sie die Wichtelin entdecken. Mina holte noch einmal tief Luft und schaute Unterwasser nach ihr, doch nirgendwo ein Zeichen der Wichtelin. Gerade machte sich Mina bereit noch tiefer hinunterzutauchen, als plötzlich hinter ihr jemand auftauchte. Mina wirbelte herum und blickte in das grinsende Gesicht der Mondwichtelin. Aus einem Impuls heraus drückte Mina Filia nochmal kurz unter die Wasseroberfläche. Als die Wichtelin dann wieder durch die Oberfläche stieß schrie Mina „Tu das nie wieder!“ Bevor sie Filia umarmte und sie damit nochmal untertauchten. Filia konnte nicht anders als loszulachen, als sie wieder über Wasser waren.

Schnell machten die beiden sich auf den Weg zum nächsten Ufer um dort erst einmal zu frühstücken und einen neuen Plan auszuarbeiten. Mina leerte ihre durchnässte Tasche auf dem weichen Sand aus. Seufzend zog sie ein triefendes Päckchen aus dem Haufen der entstanden war „Ich denke mein belegtes Brot kann ich vergessen.“ Filia kicherte und biss in die Banane, welche sie sich eingesteckt hatte. Nachdem die beiden fertig waren mit essen, zog Mina den Sternenstaubdetektor heraus um zu sehen, ob er noch funktionierte. Zum Glück tat er das und die beiden Wichtelinnen waren auch noch immer voll auf Kurs. Filia macht große Augen, als sie das Objekt sah. „Ist das wirklich ein Sternenstaubbektor? Die sind super super selten. Ich habe gehört, dass es nur noch fünf davon im ganzen Zauberland gibt.“ Vorsichtig nahm sie ihn aus Minas Händen „Ich habe noch nie einen in echt gesehen.“

Sie hielt den Detektor ein klein wenig höher, um ihn genauer zu betrachten, als auf einmal wie aus dem Nichts ein Rabe auf die beiden zugeschossen kam und Filia den Detektor aus den Händen riss und damit am Ufer des Sees entlang flog. Die beiden Wichtelinnen sprangen auf und rannten ihm hinterher. Sie verfolgten den Raben bis zu einem kleinen Lager in einer geschützten Bucht am Ufer. „Sind das etwa Menschen?“ Mina legte den Finger auf die Lippen um Filia zu zeigen, dass sie ruhig sein sollte bevor sie nickte. Die beiden schlichen noch näher heran und versteckten sich hinter einem großen Felsen.

Der Rabe flog schnurstracks auf einen der Männer zu und setzte sich auf seine Schulter. Er ließ den Sternenstaubdetektor in die Hände des Mannes fallen, welcher dem Vogel über das Gefieder strich. „Gut gemacht mein treuer Gefährte. Ich wusste doch, dass der Weihnachtsmann seine Wichtel hinausschickt um das Sternenkind zu finden, doch wir werden vor ihnen da sein, vor allem wenn sie das hier nicht haben.“, sagte er in einer tiefen, rauen Stimme zu dem Vogel. „Männer!“ Die anderen schauten ihn an. „Wir haben unseren Kompass!“ Die anderen jubelten und grölten als sie das hörten. In gesenkter Stimme sagte der Mann dann zu dem Raben: „Nun wird uns nichts mehr aufhalten können. Wir werden unsterblich sein.“

Die beiden Wichtelinnen schlichen sich danach fort von dem Camp in den Schutz der lichten Bäume und Büsche am Waldrand. „Was machen denn Menschen hier. Ich dachte sie können nicht in unser Land eindringen.“ Mina nicke und antwortete: „Normalerweise können sie das auch nicht, aber hast du schon Mal von Jim Stuart und seiner räubernden Piratentruppe gehört?“ Filia nickte „Natürlich habe ich das. Welcher Wichtel kennt die Geschichte denn nicht. Jim Stuart war in der Menschenwelt ein reicher Geschäftsmann der einen Hang zur Alchemie besaß. Irgendwann schaffte er es einen Trank zu mischen, welcher es ihm erlaubte hier in diese Welt zu reisen. Doch irgendwann während er hier war verlor er das Fläschchen mit diesem Trank und seitdem ist er mit seinen Männern, die ihn damals begleiteten hier gefangen. Aber ich dachte das sei alles nur eine Legende, ein Märchen!“ Mina schüttelte den Kopf. „Jedes Wort davon ist wahr. Der Weihnachtsmann hat mir einmal erzählt, dass er, nachdem das Wichteldorf und die Weihnachtsmannwerkstatt mehrmals überfallen wurde, einen Schutzzauber mit Hilfe der Feen gewirkt hat, sodass sie nicht mehr in unser Dorf konnten doch sie durchstreifen immer noch das Land.“

Filia runzelte die Stirn. „Aber müssten sie nicht schon längst gestorben sein? Solange wie sie schon hier sind?“ Mina hatte sich wieder umgedreht und beobachtete das Lager. „Zeit vergeht hier anders. Er und seine Männer sind gealtert, nur viel langsamer als sie es natürlicherweise tun würden. Es sieht so aus als würden sie sich bereit machen zur anderen Seite des Sees zu segeln“, sagte Mina. „Ich habe einen Plan. Wir müssen auch auf dieses Schiff!“ Filia schaute Mina verwirrt an „Aber was wen sie uns entdecken, sie nehmen uns doch dann ganz sicher gefangen!“, meinte Filia unsicher. „Das ist ein Risiko, welches wir in Kauf nehmen müssen. Wir müssen auf die andere Seite des Sees um zu dem Sternenkind zu gelangen und außen herum zu laufen würde einfach viel zu lange dauern. Siehst du die Fässer dort? Ich wette davon ist mindestens eines leer.“ Die Mondwichtelin nickte. „Aber wie willst du den Sternenstaubdetektor zurück bekommen?“ Mina überlegte einen Moment. „Soweit habe ich noch nicht gedacht“, gab sie schließlich zu. „Aber schau sie fangen schon an das Schiff zu beladen. Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir nicht mehr an Bord.“

Nachdem sie den Rest ihrer Sachen geholt hatten, kamen sie zurück zu der Anlegestelle des Schiffes. Filia rannte Mina hinterher, während diese sich von Versteck zu Versteck duckte bis sie schließlich bei den Fässern ankamen. Tatsächlich fanden sie eines davon welches leer war und schlüpften schnell hinein. Einige Momente später kamen auch schon Jim Stuarts Männer. Die beiden Wichtelinnen hörten sie ächzen unter dem Gewicht des Fasses und konnten nur hoffen, dass sie keiner bemerkt hatte. Rums! Da wurden sie abgestellt. Sie lauschten den schweren Schritten die sich entfernten. Die beiden hörten wie immer wieder jemand vorbei lief und etwas Neues ablegte, daher vermuteten sie, dass sie sich im Frachtraum des Schiffes befanden. Auf einmal war ein lauter Knall zu hören und dann wurde es still. Vorsichtig lugte Mina unter dem Deckel hervor und wünschte sich, dass sie es nicht getan hätte. Sie waren mitten auf dem Deck abgestellt worden und wurden nun umringt von Jim Stuart und seiner Bande.

„Kommt heraus ihr Nichtsnutze!“ Mina sah zu Filia. Sie beide wussten, dass diese Situation ausweglos war und so beschlossen sie, dass es wohl das Beste sei zu kooperieren... für den Moment zumindest. Sie wurden sofort gefesselt nachdem sie das Fass verlassen hatten. Mina sah sich um, sie hatten bereits abgelegt und das Ufer war schon weit entfernt. „Bindet sie an den Mast!“, befahl Stuart, „Wir werden sie dem Monster um fraß vorwerfen!“ Die Mannschaft jubelte und grölte während Stuart sich feiern ließ.

Filia war blass geworden „Mo-Mo-Monster?“, fragte sie Mina leise. Diese nickte „Keine Sorge, wir holen uns hier schon irgendwie raus.“ Mina versuchte sicher in ihrer Aussage zu klingen, doch ganz konnte sie ihre Unsicherheit nicht verbergen. „Was gibt es da zu flüstern?“ Mina erschrak, so plötzlich hatte der Kapitän sich umgedreht. Er presste ihr ein langes Messer an den Hals und Mina fühlte wie ihre Haut riss und ein dünnes Rinnsal aus Blut ihren Hals hinunter lief. Dennoch weigerte sie sich ihm ihre Angst zu zeigen, stattdessen spuckte sie ihm vor die Füße.  Stuart wurde noch wütender. Und presste das Messer fester gegen Minas Hals als auf einmal das Boot anfing zu schwanken. Irgendetwas stieß erneut dagegen und es kam weiter ins Schwanken, so dass es beinahe kippte.

„Macht sie los und werft sie über Bord!“, schrie Stuart „Das Monster ist hier.“ Er grinste hämisch und sah Mina an. „Mal sehen wie mutig du jetzt noch bist.“ Zwei der Männer schnitten die Wichtelinnen los und zerrten sie an den Rand des Schiffes, als plötzlich einer von ihnen anfing zu schreien. Doch der Schrei wurde sofort leiser, als würde er sich mit einer enormen Geschwindigkeit entfernen. Erstaunt drehte der andere sich um und im selben Moment wurde auch er von Bord gerissen. Mina und Filia schauten sich ängstlich um. Sie sahen wie einer nach dem anderen von einem langen schuppigen Schwanz umschlossen wurden und in die Nähe des Ufers geworfen wurden. Die beiden Wichtelinnen schafften es sich mit der Hilfe eines Messers, welches einer der Männer fallen gelassen hatte, von ihren Fesseln zu befreien. Sie rannten zu einem Haufen gestapelter Kisten und versteckten sich dahinter. Doch es waren nicht nur die beiden, die Angst davor hatte was dort draußen schwamm. Der Kapitän stand kreidebleich da und beobachtete, was mit seinen Männern geschah. Mina sah darin ihre Chance. Sie rannte aus ihrem Versteck heraus hinüber zum Kapitän und stahl den Sternenstaubdetektor aus seiner Tasche, gerade noch im richtigen Moment, wie sich herausstellte, denn nur Sekunden später wurde auch der Kapitän von Bord gezogen.

Mina schlüpfte schnell zurück zu Filia in ihr Kisten-Versteck. „Wo seit ihr, ihr kleinen Wichtel?“, hörten sie eine tiefe, bedrohliche Stimme rufen. Mit einem lauten Krachen flogen die Kisten, hinter denen die beiden kauerten, fort. Mina und Filia hatten sich in die Arme genommen und hielten die Augen fest geschlossen. „Ich will euch nichts Böses ihr beiden.“ Die Wichtelinnen zuckten zusammen, als eine kalte nasse Schnauze sie anstupste. Vorsichtig öffneten sie die Augen. Vor ihnen konnten sie eine gewaltige Seeschlange sehen, doch sie war überhaupt nicht gruselig oder furchteinflößend, ganz im Gegenteil: Sie schimmerte wunderschön in allen Farben des Regenbogens. „Ich kann diese Bande nicht ausstehen. Immerzu wollen sie alles nur zerstören. Kommt ich bringe euch an das andere Ufer.“ Die Schlange legte ihren Kopf auf das Holz des Schiffes, sodass die beiden aufsteigen konnten. Vorsichtig taten die Wichtelinnen dies dann auch. Mit einem gewaltigen Schwanzhieb brach die Schlange das Schiff entzwei. „Ich möchte diese Menschen nicht noch einmal auf meinem See sehen und selbst wenn sie das nicht ewig aufhält, werden sie Immerhin eine Weile brauchen, bis sie wieder ein fahrtüchtiges Schiff beisammen haben“, erklärte sie den Wichtelinnen. Es dauerte nicht lange, da hatten sie das andere Ufer erreicht und die Schlange setzte die Wichtelinnen ab.

„Danke!“, riefen Filia und Mina, als die Schlange sich wieder auf den Weg in tiefere Gewässer machte. „Wohin müssen wir als nächstes?“, fragte Filia Mina. Sie hatte wieder ihr selbstsicheres Grinsen aufgelegt und blickte sie erwartungsvoll an. „Dort in diese Richtung.“ Mina deutete in die Richtung einer Bergkette, welche an die Blumenwiesen angrenzte und so marschierten die beiden los. Sie hatten schon ein gutes Stück zurückgelegt, als Filia Mina anhielt. „Ich hab ein ganz seltsames Gefühl bei dieser Wiese. Irgendetwas stimmt nicht“, meinte Filia. „Ach was. Sieh dich um. Weit und breit ist nichts und niemand zu sehen, außer diesen Blumen. Wir würden jeden sofort sehen der uns nachstellt. Da brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen.“ Mina wollte gerade weiterlaufen als Filia sie nochmal anhielt. „Ja aber ist nicht genau das seltsam? Kein Wichtel, kein Tier, kein Troll gar nichts. Noch nicht einmal die Vögel fliegen hier. Und was ist mit den Insekten. Auf einer solchen Wiese sollte es doch von ihnen wimmeln.“ Mina gähnte. Sie versuchte sich dafür eine Erklärung zu überlegen, doch sie war gerade so müde, dass ihr schlichtweg nichts einfiel. Also zuckte Mina nur mit den Schultern und ging weiter. Auch Filia begann zu gähnen und sie fühlte wie ihre Augenlider immer schwerer und schwerer wurden. Auf einmal schien der Boden wirklich bequem zu sein und perfekt um dort ein kurzes Dickerchen zu machen. Die Wichtelinnen kämpften sich noch einige Meter voran, doch dann konnten sie sich nicht mehr auf den Beinen halten und schliefen ein.

Als Mina wiederzu sich kam war sie verwirrt. Das letzte an was sie sich erinnern konnte war, dass sie durch ein Feld von lilanen Blumen gelaufen waren aber dort war sie nicht mehr. Sie fühlte eine weiche Decke auf sich liegen und der Geruch von essen und einem Holzfeuer zog in ihre Nase. Minas Magen knurrte. 'Warte mal' dachte sie bei sich 'Ein Bett, Kaminfeuer, der Geruch von essen. Das kann nicht sein.‘ Mit einem Schlag war Mina hellwach und setzte sich schwungvoll auf und mit einem Klonk stieß sie sich den Kopf an der Dachschräge. Fluchend rieb sie sich die Stelle die sie angestoßen hatte. „Guten Morgen Schlafmütze“, Filia grinste sie an. Vor der Mondwichtelin stand ein Teller mit Suppe und Mina lief das Wasser im Mund zusammen. „Wo sind wir?“, fragte die Wichtelin. Ihr Hals war fürchterlich trocken. Was war passiert? „Wir sind in einer Hütte am Fuße des Berges. Sie gehört Marianna, einer Kräuterheilerin. Sie hat uns aus dem Schlafblumenfeld herausgeholt.“ Mina stand auf und setzte sich zu Filia. „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte die Wichtelin, nachdem sie etwas getrunken hatte. Ihr Magen schmerzte. „Fast vier Tage, ohne den Tag in den Feldern mit einzurechnen“, hörte sie eine Stimme hinter sich sagen.

Es war eine Waldfee, doch was machte sie so weit weg von jeglichen Bäumen. Als ob die Fee Minas Gedanken lesen konnten meinte sie: „Ich habe den Wald noch nie gemocht. Es war immer alles so dunkel und beengt dort. Deshalb bin ich hier. Ich heiße Marianna.“ Die Fee streckte Mina ihre Hand entgegen. Die Wichtelin schüttelte sie und stellte sich vor. Auf einmal wurde ihr bewusst  was die Fee vorher gesagt hatte. „Vier Tage! Heute ist die Vollmondnacht! Wir müssen zu dem Sternenkind!“, rief Mina entsetzt und sprang auf, was sie sofort wieder bereute, denn um sie herum schien die Welt sich plötzlich zu drehen. Marianna half ihr sich wieder zu setzen und stellte einen Teller Suppe vor sie hin. “Die bringt euch wieder zu Kräften.“ Mina verschlang die Suppe gierig. „Ich habe bereits alles vorbereitet“, meinte Filia. „Wir können los sobald du wieder bei Kräften bist.“ Mina nickte und löffelte den zweiten Teller Suppe hinunter, nachdem sie mindestens einen halben Liter Wasser auf einmal trank.

Als die beiden die Hütte verließen musste es schon mindestens 12 Uhr sein. Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Zum Abschied winkten sie der Waldfee nochmal und versprachen sie bald, wenn sie mehr Zeit hätten, besuchen zu kommen. Beeindruckt sahen die Wichtelinnen am Berg empor, als sie dessen Fuß erreicht hatten. Mina fragte sich wie sie das denn nur rechtzeitig schaffen sollten, doch jede Pause, selbst wenn sie nur kurz zum Nachdenken war, bedeutete Zeitverlust und so machten sich die beiden auf den Weg in immer höher werdende Höhen. Zu Beginn kamen sie gut voran, doch mit jeder Stunde die verging, schwanden die Kräfte der beiden ein klein wenig mehr. Sie atmeten schwer während sich die steilen Hänge hinauf kämpften und sich zwischen engen Geröllwänden hindurch immer weiter nach oben kämpften. Sie gingen bis ihre Beine das Gewicht der beiden nicht mehr tragen konnte. Auf einem Felsvorsprung entschieden sie sich endlich dazu eine kurze Pause einzulegen.

Die Sonne verschwand bereits am Horizont und Mina ließ den Kopf hängen. Sie würden versagen, da war sie sicher. Hinter ihnen lag erst die Hälfe des Weges, und das war noch nicht einmal der steilste Teil gewesen.  Fröstelnd zog Mina ihre Jacke enger um sich. Sie hatten bereits vor einer Weile den eingeschneiten Teil des Berges erreicht. Der Schnee zehrte an ihren Kräften. Vorsichtig holte Mina den Sternenstaub Detektor aus ihrer Tasche. Die Nadel deutete immer noch in die Richtung des Gipfels, doch der Stein begann langsam zu leuchten. Das gab Mina neue Hoffnung und sie stand wieder auf. Ihre Beine wehrten sich aus Leibeskräften, doch die Wichtelin ignorierte die Schmerzen die sie fühlte und zog auch Filia wieder auf die Beine. Sie waren so nah an ihrem Ziel. Sie konnten jetzt nicht aufgeben. Einen Schritt nach dem anderen gingen sie weiter. Unvermittelt kam jedoch die Reise der beiden zu einem Stopp.  Direkt vor ihnen war eine fast senkrechte Steilwand. Mina sah zu Filia. Die Mondwichtelin sah so fürchterlich erschöpft aus.

„Wenn du nicht mehr weiter kannst ist es völlig in Ordnung. Sag mir einfach wie ich das Sternenkind zurück bringen kann, dann gehe ich alleine weiter“ Filia schüttelte den Kopf und richtete sich auf. „Nein ich komme mit dir. Gemeinsam begannen sie nun also die Steilwand zu erklettern. Fast hatten sie es geschafft als Plötzlich ein Stein unter dem Fuß der Mondwichtelin brach und sie sich nicht länger halten konnte. Mit einem ohrenbetäubenden Schrei stürzte sie in die Tiefe. Verzweifelt versuchte Filia etwas zu fassen zu bekommen, doch ohne Erfolg. „Neeeeein!“, schrie Mina und streckte ihre Hand in Filias Richtung, als ob sie sie auffangen wollte, doch natürlich war die Mondwichtelin schon zu weit gefallen, als dass Mina noch etwas ausrichten konnte. Sie sah wie ihre Freundin immer tiefer fiel und dabei fühlte sie sich so unglaublich hilflos, denn sie konnte nichts dagegen tun.

Auf einmal rauschte etwas an Mina vorbei in die Tiefe hinter Filia her. Es war so schnell, dass Mina nicht einmal genau erkennen konnte was es war. Kurz bevor es auf dem Boden aufgeschlagen hätte wechselte es die Richtung und flog einen Bogen nur um dann wieder an Mina vorbei zu rauschen. Nun konnte sie endlich sehen was es war. Der Drache wand sich mit spielerischer Leichtigkeit durch die Luft und auf seinem Rücken saß eine vor Glück schreiende Filia. Mina wurde plötzlich ganz leicht ums Herz, als sie sah, dass es ihrer Freundin gut ging. In Windeseile kletterte sie die letzten Meter der Steilwand herauf und da stand sie nun. Vor der gigantischsten Höhle, die sie je gesehen hatte. Der Drache landete direkt neben Mina und ließ Filia von seinem Rücken gleiten. Mit Tränen in den Augen schloss Mina sie in eine riesige Umarmung. „Danke. Vielen Dank!“, sagte Mina und ging auf den Drachen zu. Dieser senkte seinen Kopf zu ihr hinab und sie fuhr mit ihrer Hand über die glatten Schuppen. Besorgt bemerkte Mina plötzlich, dass die Sonne bereits verschwunden war und das letzte Tageslicht langsam erlosch. „Kannst du uns zum Gipfel fliegen?“, fragte Mina den Drachen. Er war ihre letzte Chance. Der Drache ließ Mina und Filia aufsteigen und schoss in die Höhe, dem Gipfel immer näher. Mina fühlte wie der Sternenstaubdetektor langsam wärmer wurde, je näher sie dem Himmel kamen und da war er: Der Gipfel. „Dort!“, rief Filia. In mitten eines großen Kraters lag das Sternenkind. Es hatte die Beine fest an seinen Oberkörper gedrückt und sah so klein aus in der Mitte des Kraters.

Der Drache landete neben dem Kind und die beiden Wichtelinnen sprangen von seinem

Rücken. Das Sternenkind war fürchterlich blass. Filia holte einen kleinen Beutel aus ihrer Tasche und streute den Inhalt über das Sternenkind. „Das ist reiner Sternenstaub. Es ist mein gesamter Vorrat. Hoffentlich wirkt es noch so stark, dass die anderen Sterne sie finden können. Auf einmal schienen alle Sterne des nächtlichen Himmels zu wandern. Sie formten einen Kreis über dem Kind und begannen zu tanzen. Es war ein wunderschönes Bild. Die Sternmenschen formten wahre Kunstwerke in dem nächtlichen Himmel. Dabei zogen sie ihre langen goldenen Schleppen nach sich und ihre Gewänder flatterten mit jeder Bewegung. Dieser Tanz war etwas so unglaublich altes und magisches, dass Mina sich wie ein Eindringling fühlte, während sie die Sterne betrachtete. Sie konnte nicht in Worte fassen was sie in diesem Moment empfand. Die Sterne vollendeten ihren Tanz damit, dass sie nun in drei kreisen um das Sternen Kind am Himmel standen. Die Mitglieder der Kreise drehten sich um ihre eigene Achse, während sie die Position wechselten. Wie auf Kopfdruck blieb dann zunächst der innere Kreis stehen und jeder Stern richtete gleichzeitig seinen Zepter gen Himmel. Sekunden später tat zunächst der mittlere Kreis ihm das gleich und letztlich auch der äußerste. Zusammen setzten sie Unmengen an Energie frei. All diese Energie richteten sie nun auf das Kind doch nichts geschah. Nervös blickten die Wichtelinnen sich gegenseitig an. 'Waren sie etwa schon zu spät? War das Kind so schwer geschwächt und verletzt?‘ Traurig ließen sie die Köpfe hängen als plötzlich das Sternenkind begann in  die Höhe schweben, immer dem Himmel entgegen. Filia griff nach Minas Hand und lächelte sie an. Die beiden Wichtelinnen hatten es tatsächlich geschafft. Das Sternenkind war gerettet. Die anderen Sterne nahmen das Sternenkind sofort in Empfang und umarmten es. Tränen strömten ihnen über das Gesicht. Sie winkten Mina und Filia zum Dank, bevor sie sich wieder dem Sternenkind zuwandten. Die Sterne waren so glücklich, dass das auch direkt auf die Erde abfärbte. Die Wichtelinnen strahlten förmlich vor Glück und Freude über das was hier gerade geschah und auch über das was sie auf ihrer Reise alles erlebt hatten. Das alles war ein Abenteuer, was die beiden nicht so schnell wieder vergessen würden...