Vermutlich war dieses kleine Wildtier schon in vielen Gärten Schleswig-Holsteins zu Besuch und hat dort still und heimlich vor sich hin gegärtnert. Denn was zunächst aussieht, wie ein kleiner Blattschaden, ist in Wahrheit das Werk einer hochspezialisierten Wildbiene: der Garten-Blattschneiderbiene (Megachile willughbiella). Diese summende Schönheit mit dem haarigen Bauch ist „Wildbiene des Jahres 2025“ und beeindruckt mit ihren architektonischen und handwerklichen Nestbau-Fähigkeiten.
Sie wird zwischen 12 und 15 mm groß und schlüpft erst in diesen Tagen aus ihrem Überwinterungsquartier. Optisch unterscheidet sie sich ganz deutlich von der weitaus populäreren Honigbiene. Während diese nämlich ihre Pollen mit den „Höschen“ am Hinterteil sammelt, benutzt die Garten-Blattschneiderbiene ihren behaarten Bauch, die sogenannte „Bauchbürste“, zum Pollenfang. Die Weibchen haben zudem so starke Kiefer, dass sie ovale Stücke aus Blättern schneiden – bevorzugt von Gehölzen wie Hainbuchen, aber auch Rosen. Diese nutzen sie in ihren selbst gebauten Kinderzim-mern als „Blatt-Tapeten“ und kleiden damit etwa Bohrlöcher in altem Holz, Baumstümpfen oder in angebotenen Nisthilfen aus. Sie sind dabei äußerst flexibel und nutzen sogar Blumentöpfe oder Trockenmauern. In Schleswig-Holstein gehören sie zu den häufigen Wildbienenarten – und sind doch vielen unbekannt.
Wildbienen – die großen Sorgenkinder unter den Bestäubern
Während Honigbienen quasi als Haustiere in Schleswig-Holstein von mehr als 3.000 Imker*innen im Land gezüchtet, gehegt und gepflegt werden – und im Vergleich zu den Wildbienen auch relativ anspruchslos bei der Nektarsuche sind – bleiben ihre wilden Verwandten auf sich allein gestellt. In Schleswig-Holstein gibt es rund 270 Wildbienenarten, davon 30 Hummelarten – viele davon stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten. „Anders als die Honigbiene sind sie oft hochspezialisiert, was Blütenform, Lebensraum und Nistplatz angeht. Fehlen bestimmte Wildpflanzen oder Strukturen wie Totholz oder offene Bodenstellen, verschwinden sie – im schlimmsten Fall für immer“, sagt Detlef Kolligs, Wildbienen-Experte bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.
Schleswig-Holstein summt – mit vielen Partner*innen
Gemeinsam mit Antje Walter arbeitet er im Verbundprojekt „Blütenbunt-Insektenreich“ der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert wird. Zusammen mit den weiteren Projektpartnern, dem Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) werden insektenfreundliche Flächen angelegt und Schulen für Insektenschutz gestärkt.
Nützliche Tipps für Gartenbesitzer*innen in Schleswig-Holstein
Schon mit ganz einfachen Mitteln lassen sich bunte Lebensräume schaffen:
- Blühflächen statt Golfrasen: statt vielfach gemähtem englischen Rasen lieber artenreiche Blumeninseln stehen lassen. Wildpflanzen, wie Wiesensalbei, Margerite, Hornklee oder Klappertopf fördern die Artenvielfalt.
- Wildbienenfreundliche Gehölze pflanzen: Kornelkirsche, Salweide, Wildrosen oder Felsenbirne sind wertvolle Frühblüher für hungrige Wildbienen im Frühjahr.
- Nisthilfen schaffen: in Sandhaufen, offenen Bodenstellen, Totholz, hohlen Pflanzenstängeln oder Nisthilfen aus Holz mit 3-9 mm großen Bohrlöchern können viele Arten gut nisten.
- Regionale Pflanzen verwenden: Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein empfiehlt hochwertige Wildstauden und Regio-Saatgut von regionalen Partnergärtnereien wie der Blütenmeer GmbH, Heischhof-Stauden, der Kräuter- und Staudengärtnerei Frederik Moos, oder Biostauden Tolksdorf und Beckers.