Die Rückkehr der Rothirsche: eine Chance für die Artenvielfalt

Gekommen, um zu bleiben

Sie wandern seit Jahren fast unbemerkt über die Grenze: Rothirsche aus Dänemark erobern Schleswig-Holsteins Norden. Als größte heimische Pflanzenfresser sind die Hirsche ein Glücksfall für den Naturschutz und gleichzeitig ein Problem für die naturnahe Waldwirtschaft und die Landwirte – Hirsche fressen nicht nur Gras, sondern auch Feldfrüchte und junge Bäume. Was innerhalb der Moore die Lebensräume pflegt und einen sehr positiven Einfluss auf die Biodiversität hat, kann vor allem für Waldbesitzende ein ernstes Problem werden und zu massiven finanziellen Schäden führen. Wie sich die Rückkehr der Hirsche naturschutzfachlich sinnvoll und gleichzeitig landnutzungsverträglich gestalten lässt, will die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein gemeinsam mit starken Partner*innen – den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel und dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein – im neuen Projekt „MoorRotwildnis“ entwickeln.

Ein einzigartiger Lebensraum mit großem Potenzial für die Biodiversität

Im Fokus des vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Vorhabens steht die Entwicklung innovativer Naturschutzkonzepte. Die Flüsse Eider, Treene und Sorge im Herzen Schleswig- Holsteins bilden eines der größten Niederungsgebiete Deutschlands. Hier liegen die größten Hochmoorflächen des Landes, die nicht nur zentrale Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten sind, sondern auch wertvolle Kohlenstoffspeicher und damit ein unverzichtbarer Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig sind sie wegen ihrer Unzugänglichkeit Rückzugsräume für große Wildtiere in einer ansonsten intensiv genutzten Kulturlandschaft.

Artenhelfer auf vier Hufen

Gerade hier leisten sie wichtige Arbeit für die Natur: Rothirsche sind mehr als nur majestätische Tiere – sie helfen Lebensräume zu vernetzen und Vielfalt zurückzubringen. Sie können auf ihren Wanderungen innerhalb einer Nacht viele Kilometer zurücklegen – und dabei Pflanzensamen über große Distanzen transportieren. Was sie in einem Moor fressen, scheiden sie in einem anderen wieder aus. So vernetzen sie Lebensräume, bringen verloren gegangene Naturprozesse wieder in Gang und tragen dazu bei, dass gefährdete Pflanzenarten neue Standorte erobern. Auch durch ihre Tritte und ihren Verbiss gestalten sie die Landschaft aktiv mit und fördern so eine größere Vielfalt an Lebensräumen. „Die Rückkehr der Rothirsche ist ein Geschenk für die Artenvielfalt. Sie können Lebensräume miteinander vernetzen, als Artentaxi seltene Pflanzen verbreiten und wichtige ökologische Dynamiken wieder anstoßen – wenn wir es schaffen, ihre Präsenz klug zu steuern und es gelingt Schäden in der Land- und Forstwirtschaft zu vermeiden“, sagt Marcus Meißner, Wildtierbiologe und Projektleiter bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.

Moorhirsche statt Maishirsche – neue Wege im Wildtiermanagement

Doch nicht nur die Ökosysteme profitieren: Auch die Rothirsche selbst sind auf gut vernetzte Lebensräume angewiesen, um ihre genetische Vielfalt zu erhalten. Die Rothirschpopulation bringt wiederum neue Herausforderungen mit sich. Die Tiere leben großräumig – nicht nur im Moor, sondern auch in Feld und Wald. Im Projekt sollen zwischen Naturschutz und Landnutzung abgestimmte Managementstrategien entwickelt werden.

Das Projekt „MoorRotwildnis“ setzt deshalb auf ein umfassendes Maßnahmenpaket:

  • Monitoring und Telemetrie liefern erstmals belastbare Daten zu Bestand,
    Wanderbewegung und Verhalten.
  • Lebensraumgestaltung und Besucherlenkung sollen helfen, Konflikte zu vermeiden
    und sensible Bereiche zu schützen.
  • Wissenschaftliche Begleitung durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
    untersucht die Auswirkungen der Rothirsche auf Artenvielfalt und
    Landschaftsentwicklung.

„Unser Ziel ist klar: Wir wollen ein funktionierendes Lebensraumnetzwerk und Hirsche im Moor – nicht im Maisfeld“, so Meißner weiter. „Dazu gehören neben den Mooren auch artenreiche Wälder.“ Im Projekt „MoorRotwildnis“ entwickeln wir dafür gemeinsam mit Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Jagd und Wissenschaft ein praxisnahes Management, das ökologische Chancen nutzt und Konflikte reduziert“, betont Marcus Meißner abschließend.

Starke Partner für ein wegweisendes Projekt

„MoorRotwildnis ist ein gemeinsames Vorhaben der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten A.ö.R., der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel sowie des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein e.V. Gefördert wird es im Rahmen des E+E-Programms durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN).

Projektnehmer:

Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein
www.stiftungsland.de
(Ansprechpartner: Marcus Meißner, 0431-21090 421, marcus.meissner@stiftungsland.de)

Projektpartner:

Schleswig-Holsteinische Landesforsten A.ö.R.
www.shlf.de (Ansprechpartner: Jens-Birger Bosse)

Christian-Albrechts-Universität Kiel, Institut für Natur- und Ressourcenschutz, Abteilung
Landschaftsökologie, www.landscape-ecology.uni-kiel.de (Ansprechpartner: T. Donath, H. Reck)

Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V.
www.ljv-sh.de (Ansprechpartner: Marcus Börner)

Ansprechpartnerin

Marketing & Kommunikation

Jana Schmidt

Leitung Pressestelle